Das Von-Hippel-Lindau-Syndrom beruht auf Mutationen im VHL-Gen und ist charakterisiert durch Hämangioblastome des Gehirns, des Rückenmarks und der Netzhaut des Auges. Ausserdem weisen Betroffene ein erhöhtes Risiko für Nierenzellkarzinome und Nierenzysten, Phäochromozytome, Zysten und neuroendokrine Tumore der Bauchspeicheldrüse, endolymphatische Sack Tumore und Zysten des Nebenhodens, sowie der Eierstöcke und Eileiter auf.

Die Symptome hängen von der Grösse und der Lage der Tumoren ab [1]. Kinder können unter Kopfschmerzen leiden und sich schwindlig oder schwach fühlen. Des weiteren können  Sehstörungen, die bei wachsenden Tumoren der Netzhaut möglicherweise zu Sehverlust führen, und Bluthochdruck auftreten. Es kann zu einem Koordinationsverlust kommen. Etwa 10% der betroffenen Kinder hat einen Tumor des Innenohrs, was das Gehör beeinträchtigen kann. Ohne Behandlung können die Betroffenen erblinden, Hirnschäden erleiden oder sterben. Todesfälle sind normalerweise die Folge von Komplikationen der Gehirnangiome oder des Nierenkrebses.

Eine frühzeitige Diagnosestellung ist von hoher Bedeutung. Phänotypisch wird zwischen  verschiedenen Typen des Von-Hippel-Lindau-Syndroms unterschieden [1]: Typ I ist charakterisiert durch das Auftreten von Hämangiomen in der Netzhaut und/oder im Zentralnervensystem, Nierenzellkarzinomen und/oder neuroendokrinen Tumoren. Das Risiko für Phäochromozytome ist allerdings sehr gering. Typ I ist mit nonsense-Mutationen oder Deletionen grösserer Genabschnitte assoziiert. Im Gegensatz dazu geht Typ II häufig mit missense-Mutationen einher und das Risiko für die Entstehung von Phäochromozytomen ist sehr hoch. 

Diagnosekriterien

Die Diagnose eines Von-Hippel-Lindau-Syndroms gilt als gesichert bei einer nachgewiesenen Mutation im VHL-Gen und/oder [2]:

ohne Von-Hippel-Lindau-Syndrom in der Fa­milie bei Vorliegen von mind. 2 der folgenden Befunde:

≥2 Hämangioblastome der Netzhaut, des Rückenmarks oder Gehirns, oder ein einzelnes Hämangioblastom zusammen mit einer Manifestation im Bauch (z.B. mehrere ­Zysten der Nieren oder der Bauchspeicheldrüse)

– Nierenzellkarzinom
– Phäochromozytom
– ELST, Zystadenom der Eierstöcke oder ­Eileiter/des Nebenhodens oder neuroendo­kri­ne Tumore der Bauchspeicheldrüse

Mit Von-Hippel-Lindau-Syndrom in der Familie bei Vorliegen von mind. 1 der folgenden Befunde: 

– Hämangioblastom der Netzhaut
– Hämangioblastom des Rückenmarks oder Kleinhirns
– Phäochromozytom
– Nierenzellkarzinom
– Mehrere Zysten der Nieren oder der Bauchspeicheldrüse


Literatur: 

  1. Institut für Klinische Genetik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, www.uniklinikum-dresden.de, (letzter Abruf 17.01.2023) 
  2. Medizinische Hochschule Hannover, www.krebs-praedisposition.de/fuer-patienten-und-familien/von-hippel-lindau-syndrom/#diagnose, (letzter Abruf 17.01.2023)
  3. Baumgartner-Parzer S: J Klin Endokrinol Stoffw 2020;   13: 37–40.


HAUSARZT PRAXIS 2023; 18(1): 47
InFo ONKOLOGIE & HÄMATOLOGIE 2023; 11(1): 32

Mirjam Peter, M.Sc.

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