Bereits zu Beginn der Coronavirus-Pandemie wurde bei Patienten mit einer COVID-19 Infektion eine verstärkte Aktivierung der Blutgerinnung festgestellt. Gerinnungsuntersuchungen am Universitätsklinikum Tübingen zeigen nun, dass Blutplättchen von schwer erkrankten COVID-19 Patienten in einem pro-thrombotischen Zustand versetzt sind, der vermutlich eine der Ursachen darstellt, warum gerade mit SARS-CoV-2 infizierte Patienten so häufig thromboembolische Ereignisse haben.

Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe um Professor Dr. Tamam Bakchoul, Ärztlicher Direktor des Zentrums für Klinische Transfusionsmedizin gemeinnützige GmbH (ZKT) in Tübingen und Prof. Dr. Peter Rosenberger, Ärztlicher Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, wurden aktuell in der Fachzeitschrift „Blood“ veröffentlicht und liefern wertvolle Hinweise für die Verbesserung der Gerinnungstherapie (antikoagulatorischen Therapie) bei COVID-19 Patienten.

Die verstärkte Aktivierung der Blutplättchen lässt sich nicht durch Standardtherapieverfahren wie die Einnahme von Aspirin hemmen. Bei näherer Betrachtung zeigten die Blutplättchen Zeichen von Apoptose (Zelltod) und gerinnungsfördernden Oberflächenveränderungen. Die Bindung von Abwehrstoffen (Antikörpern) an die Blutplättchen löst den gerinnungsfördernden Zustand aus. „Dies ist einer der zentralen zellulären Vorgänge, so genannt der Pathomechanismen, bei einem durch SARS-CoV-2 verursachten Organversagen“, betont Prof. Dr. Peter Rosenberger. 

Nun ist es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstmalig gelungen, einen über Antikörper vermittelten Weg zu identifizieren, der diesen pro-thrombotischen Signalweg bei SARS-CoV-2 infizierten Intensivpatienten verursacht. Hierbei binden Antikörper direkt an die Blutplättchen und lösen in den Blutplättchen komplexe Veränderungen aus. Zum einen stirbt ein geringer Anteil an Blutplättchen ab, ein anderer Teil verändert seine Oberfläche so, dass sie Thrombosen weiter fördern. Auch wenn die Aktivierungswege in dieser Arbeit aufgeklärt wurden, bleibt weiterhin unklar, wogegen genau sich diese Antikörper richten. „Mit unseren Erkenntnissen erhoffen wir uns, neue therapeutische Optionen bei der Prävention von thromboembolischen Ereignissen besonders bei den intensivpflichtigen Patienten aufzuzeigen“, bestätigt Prof. Dr. Tamam Bakchoul. In einem zweiten Schritt sollen nun die Pathomechanismen weiter aufgeklärt werden: „Durch eine gezieltere Antikoagulation hoffen wir darauf aufbauend, das thromboembolische Risiko von SARS-CoV-2 infizierten Patienten auf der Intensivstation senken zu können“, bestätigt die Erstautorin Dr. Karina Althaus.

Originalpublikation:

DOI: https://doi.org/10.1182/blood.2020008762 

Write A Comment