Da die menschliche Haut Vitamin D nur bei Sonnenexposition produziert und Nahrungsmittel eine ungenügende Alternativquelle darstellen, ist laut dem Eidgenössischen Bundesamts für Gesundheit eine Mehrheit der Schweizerischen Bevölkerung in den Wintermonaten unterversorgt. In einigen Fällen entstehen daraus Knochenkrankheiten. Welche Möglich­keiten gibt es, um eine Vitamin-D-Unterversorgung zu diagnostizieren und wie kann sie vermieden werden?

Vitamin D ist ein fettlösliches Vit­­amin mit Hormoncharakter, das unter Son­nen­einstrah­lung (insbesondere UVB) in der menschlichen Haut gebildet wird. Es reguliert die Kalzium- und Phosphat-Aufnahme aus dem Darm sowie deren Einbau in die Knochen. Somit ist es ein wichtiger Bestandteil der gesunden Knochen- und Zahnbildung [1, 2]. In den Sommermonaten genügt eine Sonnenexposition von 20–30 Minuten, um ausreichend Vitamin D im eigenen Körper zu produzieren. Die grosse Mehrheit (80%) der Schweizerischen Bevölkerung ist dadurch genügend versorgt [2–4].

Da die Anzahl Sonnenstunden im Winter (November bis April) aber deutlich geringer ausfällt und die körpereigenen Speichermöglichkeiten begrenzt sind, ist während dieser Monate bei 60% der Schweizer mit einer Unterversorgung (<50 nmol/l) zu rechnen [4]. Der 25(OH)D-Spiegel fällt teilweise bis auf 20 nmol/l (schwerer Mangel <25 nmol/l) [5]. Mögliche Folgen sind Knochenkrankheiten: bei Kindern Rachitis, bei Erwachsenen Osteomalazie [4].

Alternativquellen können Bedarf decken

Weil die Sonnenexposition Risiken birgt und aufgrund der Jahreszeiten eine unsichere Quelle darstellt, müssen Alternativen gefunden werden. Aus der alltäglichen Nahrung vermag der Körper seinen Vitamin-D-Haushalt kaum zu decken, die Mengen darin sind zu gering. Mögliche Quellen wie fettreicher Fisch (bis zu 800 IE/100 g), angereicherte Margarine (bis zu 300 IE/100 g), Hühner­eier (bis zu 200 IE/100 g) oder Speisepilze (bis zu 340 IE/100 g) liefern nur einen Teil der nötigen Vitamin-D-Zufuhr [3]. Tabelle 1 zeigt eine Liste mit den empfohlenen täglichen Dosen für Kinder, Erwachsene, ältere Menschen und Schwangere. Veröffentlicht wurde sie  im März 2012 durch eine Arbeitsgruppe des Eidgenössischen Bundesamts für Gesundheit (BAG). Die Empfehlungen stimmen weitgehend mit den Richt­linien des Institute of Medicine (IOM), der International Osteoporosis Foundation (IOF) und der US Endocrine Society überein [5].

Aufgrund geringer Vitamin-D-Werte in der Nahrung, der weit verbreiteten Verwendung von Sonnenschutzmitteln und ungenügender Sonnenexposition im Winter kommt die Arbeitsgruppe deshalb zum Schluss, dass für viele Personen eine Vitamin-D-Ergänzung in Form von Tropfen oder Tabletten sinnvoll ist [5]. Besonders folgende Risikofaktoren sprechen für eine Unterversorgung:

  • Übergewicht und Adipositas (grösseres Verteilungsvolumen = weniger verfügbares 25-Hydroxy-Vitamin-D)
  • Alter (körpereigene Vitamin-D-­Bildung ist um das Vierfache reduziert)
  • Schwangerschaft und Stillzeit ohne Vitamin-D-Supplemente
  • Dunkler Hauttyp (stärkere Hautpigmentierung führt zu geringerer ­Vit­amin-D-Produktion)
  • Einnahme gewisser Medikamente wie Cholesterinsenker, Mittel gegen Pilzinfektionen oder gegen Krampfanfälle, Kortison
  • Krankheiten wie chronische Leber- oder Nierenerkrankungen, chronisch entzündliche Darmkrankheiten wie Zöliakie oder Morbus Crohn [3, 6].

Zur genauen Abklärung sollte bei Risikogruppen die 25-Hydroxy-Vitamin-D-Konzentration im Blutserum gemessen werden [2, 6].

Gesundheitlicher Nutzen einer ausreichenden Zufuhr

Die aktuelle Datenlage bestätigt die Empfehlungen des BAG: Bei der älteren Bevölkerung beugt eine 25(OH)D-Schwelle von 75 nmol/l Stürze und Frakturen vor. 50 nmol/l sind nötig, um die Knochengesundheit bei allen Erwachsenen  und die Muskelgesundheit bei älteren Personen zu unterstützen. Zur Knochen- und Muskelgesundheit von Kindern und Jugendlichen sowie zu den weiteren nicht skelettalen Auswirkungen von Vitamin D für alle Altersgruppen sind hingegen weitere Daten erforderlich [5, 6]: Kleine klinische Studien zeigen eine günstige Wirkung von Vitamin D auf das Herzinfarktrisiko und den Blutdruck. Zudem gibt es erste Hinweise, dass die Prävention von Darmkrebs, Tuberkulose oder Multiple Sklerose sowie Diabetes durch eine ausreichende Zufuhr begünstigt wird [2, 6].

«Um eine wirksame Substitution sicher­zu­stellen, wäre es wünschenswert, dass den Konsumentinnen und Konsumenten neben den heu­te in Apotheken und Drogerien erhältlichen Vitamin-D-Tropfen und -Tabletten, im Detail­handel wirksame Nahrungsergänzungs­mittel und angereicherte Lebensmittel zur ­Verfügung stünden», kommt die ­Ar­­beits­gruppe zum Schluss [5]. Eine ­Vit­amin-D-Überversorgung durch un­kon­trol­­lierte Einnahme von Nahrungs­ergänzungsmitteln ist jedoch auch zu vermeiden, sie führt zu Hyperkalzämie und kann schlimms­tenfalls Herzrhythmusstörungen oder Nierensteine zur Folge haben [1].

Literatur:

  1. Bundesamt für Gesundheit: Faktenblatt ­Vit­amin D, Bern, Juni 2012.
  2. Bischoff-Ferrari H A, et al.: Empfehlungen der Eidgenössischen Ernährungskommission zur Vitamin-D-Zufuhr für die Schweizer Bevölkerung. Schweiz Med Forum 2012; 12(40): 775–778.
  3. Bundesamt für Gesundheit: Vitamin D-Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit BAG, Bern, Juni 2012.
  4. Bundesamt für Gesundheit: Vitamin D: Fragen und Antworten, Bern, Juni 2012.
  5. Bundesamt für Gesundheit: Vitamin-D-­Mangel: Datenlage, Sicherheit und Empfehlungen für die Schweizer Bevölkerung, Bern, März 2012.
  6. Bischoff-Ferrari, H A: Vitamin D. Im Alter ist die «normale» Versorgung nicht ausreichend. Ars Medici 2010; 14: 559–564.

HAUSARZT PRAXIS 2013; 8(11): 4

Andreas Grossmann

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