In der Schweiz stehen Paracetamol, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Metamizol als nicht-opioide Schmerzmittel zur Verfügung. NSAR oder Metamizol sind in Betracht zu ziehen, wenn Paracetamol nicht zu ausreichender Schmerzlinderung führt. Es wird eine differenzierte Abwägung der zu erwartenden Wirksamkeit im Verhältnis zu möglichen dosisabhängigen Nebenwirkungen empfohlen, wobei Patientenaufklärung einen wichtigen Stellenwert hat.

Im WHO-Stufenschema zur Behandlung nicht-onkologischer Schmerzen sind Nicht-Opioide auf der Stufe 1 angesiedelt (Abb. 1). [1]. Bei Rückenschmerzen sei die erste Wahl im Allgemeinen Paracetamol, so Prof. Dr. med. Matthias Liechti, Stellvertretender Chefarzt Klinische Pharmakologie, Universitätsspital Basel [2]. Bei ungenügender Schmerzlinderung sollte man den Wechsel zu Metamizol oder einem Nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) in Erwägung ziehen, so der Referent [2,3]. Gegebenenfalls können Metamizol (z.B. Novalgin®) oder ein NSAR (z.B. Ibuprofen oder Diclofenac) auch als add-on eingesetzt werden. Metamizol ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Pyrazolone mit schmerzlindernden, antipyretischen und spasmolytischen Eigenschaften [4]. Der genaue Wirkmechanismus ist nicht bekannt. Man vermutet, dass eine Hemmung der Prostaglandinsynthese durch COX-1- und COX-2-Hemmung zur schmerzlindernden Wirkung beiträgt [2]. «Es ist besser wirksam als Paracetamol und gleich wirksam wie NSAR», fasst Prof. Liechti die analgetische Wirkung von Metamizol zusammen [2,4]. Dies belegt unter anderem ein Cochrane Review von Moore et al., in welcher die Number needed to treat, um eine Schmerzreduktion von 50% zu erreichen, für verschiedene Schmerzmittel verglichen wurde [6]. Paracetamol hatte gegenüber NSAR oder Metamizol in dieser Sekundäranalyse eine höhere NNT, erwies sich also hinsichtlich Wirksamkeit als unterlegen. Opioide sind im WHO-Schema auf Stufe 2 und 3 angesiedelt. Opioidhaltige Schmerzmittel haben eine stark schmerzlindernde Wirkung, aber auch ein hohes Abhängigkeitspotenzial.

Nicht-Opioide zur Behandlung bewegungsabhängiger Schmerzen

Für das Vermeiden von Opioiden in der Behand­lung chronischer Rücken-, Knie- oder Hüft­schmer­zen gibt es neben der Suchtgefahr weitere Gründe: aus einer 2018 publizierten kontrolliert-randomisierten Studie geht hervor, dass unter Nicht-Opioiden eine vergleichsweise niedrigere Schmerzintensität erreicht wurde [2,7]. Dies lässt sich dadurch erklären, dass man bei hospitalisierten Patienten Opioide kurzzeitig hoch dosieren kann, während dies bei der ambulanten Anwendung kaum möglich ist. Eine Sekundäranalyse von da Costa et al. zur Wirksamkeit verschiedener Analgetika bei bewegungsabhängigen Schmerzen infolge Knie- oder Hüftarthrose ergab, dass NSAR (z.B. Ibuprofen oder Diclofenac) in den höheren Dosierungen eine statistisch und klinisch relevante Erhöhung der Wirksamkeit erzielten, aber: «Die Wirksamkeit der NSAR wird erkauft mit mehr Nebenwirkungen», so Prof. Liechti [2,8].

Nebenwirkungen von NSAR und Metamizol im Vergleich

Zu den dosisabhängigen potenziell lebensbedrohlichen Nebenwirkungen von NSAR zählen insbesondere kardiovaskuläre Probleme und gastrointestinale Blutungen, erläuterte Prof. Liechti. Eine Studie zur Analyse von Mortalitätsrisiken bei kurzzeitigem Gebrauch von Schmerzmitteln zeigte auf, dass die durch gastrointestinale Blutungen bedingte Mortalitätsrate unter Diclofenac erheblich höher war als jene durch Agranulozytose unter Therapie mit Metamizol [9]. Auch wenn Metamizol durch eine Thromboxansynthese zu einer Hemmung der Thrombozytenaggregation führen könne, sei das Risiko für das Auftreten von klinisch relevanten Blutungen deutlicher geringer im Vergleich zu NSAR, da Metamizol in normaler Dosierung zu einer geringer ausgeprägten Hemmung von COX-1 führe, so Dr. Stephen Jenkinson, Leiter Innovationen bei pharmaSuisse [2]. Fall-Kontroll-Studien zeigen zwar eine Assoziation von Metamizol und gastrointestinalen Blutungen, aber das geschätzte relative Risiko (RR) ist mit 1,4–2,7 aber deutlich tiefer als für die NSAR (RR von 2,1–10,0) [10,11]. Im Gegensatz dazu ist bei Metamizol die Gefahr einer Agranulozytose Gegenstand kontroverser Diskussionen. Es handelt sich um eine potenziell lebensgefährliche, aber selten auftretende Komplikation. Schätzungen zur Inzidenz der Agranulozytose unter Metamizol variieren in der Literatur beträchtlich zwischen 1:1500 bis zu weniger als einem Fall pro Million Anwendungen von Metamizol [11]. Die aufwändige Berliner Fall-Kontroll-Studie untersuchte die Häufigkeit von Agranulozytosen im Grossraum Berlin prospektiv in einer Population von rund 2,9 Millionen Personen in 180 Spitalabteilungen [11,12]. Berechnet auf eine einwöchige ambulante Behandlung mit Metamizol lag das Risiko einer Agranulozytose bei einem Fall pro 286’000 Patienten.

Quelle: Sanofi
 

Literatur:

  1. WHO-Stufenschema, www.pschyrembel.de/WHO-Stufenschema/K0PQ7, (letzter Abruf 19.10.2022)
  2. «Akute Schmerzpatienten erkennen und beraten», Webinar, Sanofi, 18.05.2022
  3. Arzneimittelinformation, www.swissmedicinfo.ch, (letzter Abruf 19.10.2022)
  4. Nikolova I, et al.: Metamizole: A review profile of a well-known ‘forgotten’ drug. Part II: Clinical profile. Biotechnol & Biotechnol Equipment 2013; 27(2): 3605–3619.
  5. Polzin A, et al.: Excess Mortality in Aspirin and Dipyrone (Metamizole) Co-Medicated in Patients With Cardiovascular Disease: A Nationwide Study. J Am Heart Assoc 2021; 10(22): e022299.
  6. Moore RA, et al.: Non-prescription (OTC) oral analgesics for acute pain – an overview of Cochrane reviews. Cochrane Database Syst Rev 2015; 2015(11): CD010794
  7. DeRonne B, et al.: Effect of Opioid vs Nonopioid Medications on Pain-Related Function in Patients With Chronic Back Pain or Hip or Knee Osteoarthritis Pain: The SPACE Randomized Clinical Trial JAMA 2018; 319(9): 872–882.
  8. da Costa BR, et al.: Effectiveness of non-steroidal anti-inflammatory drugs for the treatment of pain in knee and hip osteoarthritis: a network meta-analysis. Lancet 2017 Jul 8; 390(10090):e21-e33.
  9. Andrade SE, Martinez C, Walker AM: Comparative safety evaluation of non-narcotic analgesics. J Clin Epidemiol 1998; 51(12): 1357–1365.
  10. Haschke M, Liechti ME: Metamizol: Nutzen und Risiken im Vergleich zu Paracetamol und NSAR. Schweiz Med Forum 2017; 17(48): 1067–1073.
  11. Andrade S, et al.: Safety of metamizole: a systematic review of the literature. J Clin Pharm Ther 2016; 41(5): 459–477.
  12. Huber M, et al.: Metamizole-induced agranulocytosis revisited: results from the prospective Berlin Case-Control Surveillance Study. Eur J Clin Pharmacol 2015; 71(2): 219–227.
  13. Bundesamt für Gesundheit (BAG), www.bag.admin.ch/bag/fr/home/medizin-und-forschung/heilmittel, (letzter Abruf 19.10.2022)
  14. PharmaNews 08/20, www.pharmacap.ch/document/stream/44c37835628625604a1de106559bca83, (letzter Abruf 19.10.2022)
  15. Pharmasuisse: Facts & Figures 2016, www.pharmasuisse.org/data/docs/de/6267/Facts-and-Figures-2016.pdf?v=1.0, (letzter Abruf 24.10.2022)
  16. Nationale Versorgungsleitlinie, Nichtspezifischer Kreuzschmerz, 2. Auflage, 2017, www.leitlinien.de/themen/kreuzschmerz, (letzter Abruf 24.10.2022)
  17. Babej-Dölle R, et al.: Parenteral dipyrone versus diclofenac and placebo in patients with acute lumbago or sciatic pain: randomized observer-blind multicenter study. Int J Clin Pharmacol Ther 1994; 32(4): 204–209.

HAUSARZT PRAXIS 2022; 17(11): 32–33

Mirjam Peter, M.Sc.

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