Die Klimakrise hat unbezweifelbar Europa und die Schweiz erreicht, um nicht zu sagen im Griff. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) war der zurück­liegende Sommer 2022 der wärmste jemals seit 1951 aufgezeichnete, der EU-Klimawandeldienst Copernicus bestätigt dies für Europa: im Vergleich zum langjährigen Mittel von 1991 bis 2020 war der Zeitraum von Juni bis August um 1,34 Grad wärmer.

Besonders betroffen war der Südwesten des Kontinents [1]. Die Hitzewellen haben vielerorts zu massiver Dürre in der Landwirtschaft und damit Ernteeinbussen geführt. Sie haben Waldbrände auf mehr als 750 000 Hektar Land verursacht. Dabei sind in der EU und Grossbritannien 6,4 Millionen Tonnen Kohlenstoff ausgestossen worden – so viel wie seit 15 Jahren nicht mehr [2]. Der fehlende Regen hat in Binnenseen, Talsperren und natürlich den Flüssen zu Niedrigwasserstand, wenn nicht zum Trockenfallen geführt. Daran haben auch die rasanten Gletscherschmelzen in den Alpen nicht viel ändern können, zumal sie in wenigen Jahr(zehnt)en ohnehin nicht mehr existieren werden [3].

Im Vergleich zum Geburtsjahrgang 1960 – davon haben die meisten Menschen diesen Hitzesommer erlebt – wird sich die lebenslange Exposition gegenüber Extremereignissen für im Jahr 2020 Geborene gemäss den Abschätzungen des Pariser Klimaschutzabkommens wie folgt verändern: knapp 6,8-mal so viele Hitzewellen, 2,6-mal so viele Trockenperioden und Missernten sowie 2-mal häufiger Waldbrände [4].

Damit ist der dramatische Rahmen abgesteckt, in dem die gesundheitlichen Auswirkungen auf uns Menschen bisher untersucht wurden und zukünftig weiter analysiert werden müssen. In diesem Artikel geht es primär um die bislang bekannten pulmonalen Folgen. Natürlich gibt es erhebliche Schnittmengen zu einigen Luftschadstoffen, die im Wesentlichen durch die Verbrennung fossiler Energien entstanden sind und weiter entstehen und damit den Treibhauseffekt mit seinen Konsequenzen erst verursacht haben. Aufgrund der Kürze können die Ausführungen nur «plakativ» sein.

Welche Luftschadstoffe sind bedeutsam?

Feinstäube, insbesondere PM 2,5, d.h. mit einem Durchmesser bis 2,5 µm und kleiner, bestehen aus unterschiedlichen Komponenten wie anorganischen Anteilen (z.B. Ammoniumsulfate und Nitrat, Salzsäure), elementarem Russ, Metallen, Erd- oder Staubpartikeln, ferner aus organischen Chemikalien wie Harnstoff Ammoniak (NH3) aus Gülle oder Säuren (z.B. Schwefelsäure) und biologische Materialien (z.B. Pollen, Pilzsporen). Aufgrund ihrer Kleinheit sind sie lungengängig, d.h. sie werden bis in die Bronchioli inhaliert, die ultrafeinen Partikel (UFP) <0,2 µm durchdringen auch die Alveolar-Kapillar-Schranke und sind somit systemisch relevant.

Die pulmonale Pathophysiologie erklärt sich u.a. durch eine bronchiale Schleimhautinflammation infolge verstärkter Aktivierung der basophilen und eosinophilen Granulozyten. In der Folge kann sich ein hyperirritables Bronchialsystem entwickeln, sodass andere asthmatische Triggerfaktoren wie Infekte, körperliche oder auch psychische Belastung wirksam werden können. Zudem kann die Th2-Immunantwort aktiviert und dadurch eine Sensibilisierung begünstigt werden als Voraussetzung für eine mögliche spätere Allergie. Ferner bewirken Feinstäube – insbesondere die UFP – und Ozon an der Lunge einen oxidativen Stress, der sich negativ auf das Lungenwachstum und damit die Lungenfunktion auswirkt und auch Infektionen des tiefen Atemtrakts begünstigt [5].

In einer kürzlich auf dem ESMO vorgestellten epidemiologischen Studie mit mehr als 400’000 Patienten in England, Südkorea und Taiwan wurde die Luftverschmutzung mit PM 2,5 als ein wesentlicher Promoter für Mutationen im EGFR-Gen identifiziert. Zwar tritt diese Mutation auch bei normaler Alterung auf, bleibt aber inaktiv, kann jedoch bei weiterer PM-2,5-Persistenz Lungenkarzinome auslösen. Erklärt wird dies mit einer überschiessenden Inflammation mutationsbetroffener Zellen. Auch bei 250 lungengesunden Menschen, die Nieraucher waren und in Reinluftzonen lebten, fand sich in 18% diese EGFR-Mutation, sie blieb aber auch hier inaktiv. Im Tierversuch mit Mäusen konnte zudem nachgewiesen werden, dass der proinflammatorische Botenstoff Interleukin-1 durch einen Antikörper blockiert werden konnte, sodass Lungenkarzinome vermieden wurden [6].

Laut der Global Climate Health Alliance (GCHA) enthalten die Rauchschwaden aus Waldbränden eine komplexe Mischung von gasförmigen Feinstäuben aus Kohlenmonoxid (CO), polyzyklischen, aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK) und Russpartikeln. Diese werden je nach Thermik und vorherrschenden Winden über tausende von Kilometern transportiert und können akut Husten, Luftnot und bei Disponierten Asthmaattacken auslösen [7]. Die bisher identifizierten Luftschadstoffe aus Waldbränden sind aber auch für langfristige, gesundheitliche Auswirkungen wie die Karzinogenese bedeutsam.

Bodennahes Ozon und Stickoxide

Ozon (O3) zählt im Zusammenwirken mit Stickstoffoxiden (NO/NO2) zu den wichtigsten, gesundheitsrelevanten Luftschadstoffen. So kann sich bei langem Sonnenschein und Hitzeperioden die Asthmasymptomatik in allen Alters­gruppen verschlimmern. Denn UV-Strahlung verursacht einen deutlichen Anstieg der Ozonkonzentration, wenn gleichzeitig Stickstoffoxide (NO/NO2) anwesend sind. Vor allem NO2 stammt aus verkehrsbedingten Emissionen, deren Quelle mit fossiler Energie (Benzin, Diesel) betriebene Fahrzeuge sind. UV-Strahlung spaltet NO2 auf in Stickstoffmonoxid (NO) + ein Sauerstoff-Radikal. Das O-Radikal verbindet sich rasch mit Sauerstoff (O2) zu O3. Ozon entsteht daher im Sommer v.a. in Städten mit viel Verkehr und wird von dort durch die Luftströmung ggf. plus Wind in die ländliche Umgebung verweht. Beim abendlichen Berufsverkehr in der Stadt wird Ozon dann wiederum mit NO, das ebenfalls durch den Verkehr «bereitgestellt» wird, wieder zu NO2 und O2reduziert. Da auf dem Land weniger Verkehr herrscht, fehlt dort NO, um Ozon wieder zu Sauerstoff und NO2 abzubauen. Dies erklärt die scheinbare Paradoxie, dass die durchschnittlichen Ozonkonzentrationen in ländlichen Gebieten Deutschlands seit mehr als 30 Jahren mit 57 µg/m³ deutlich über denen der Stadtgebiete mit 42 µg/m³ liegen.

Der Zielwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit liegt bisher in der EU bei 120 µg/m³ O3 im sog. 8-Stundenmittel, laut WHO bei 100 µg/m³ O3. Bei kurzfristigen Ozonkonzentrationen über 120 µg/m³ kann es zu akuten Atembeschwerden kommen, da O3 als reaktives Reizgas tief in die Luftwege eintritt und akute Schleimhautreizungen bzw. -entzündungen verursacht. Der sog. oxidative Stress geht mit Husten, Engegefühl in der Brust und Atemnot einher, führt also zu akuten Asthmaanfällen [8].

Dauerhaft bestehende Ozonbelastungen, auch unter 120 µg/m³, führen bei Kindern bis zur Pubertät zu vermindertem Lungenwachstum [9], bei Jugendlichen und Erwachsenen ist die Lungenfunktion eingeschränkt und das elastische Bindegewebe der Lunge wird chronisch geschädigt. Dadurch steigt bei Erwachsenen die Sterblichkeit an Atemwegskrankheiten.

Gewitterasthma und Pollenbelastung

Dieses Phänomen ist seit einigen Jahren vor allem in Australien als «thunderstorm asthma» [10] bekannt, wird aber über Kasuistiken hinaus auch in Süd- und Mitteleuropa zunehmen. Physikalisch bewirkt Hitze eine vermehrte regionale Verdunstung und damit Wasserbelastung der Atmosphäre, die sich dann andernorts durch Gewitter als sog. Starkwettereignisse mit teils massiven Regengüssen entlädt. Beim sog. Gewitterasthmas brechen Pollen vermehrt schon 1–2 Stunden vor dem Gewitterbeginn durch den «osmotischen Schock» auf. Damit sind Wärme, elektrostatische Aufladung durch Blitze und hohe Luftfeuchtigkeit gemeint. Die in den Pollen enthaltenen Allergene binden an Feinstäube, die wie dargelegt bis in die Bronchioli inhaliert werden. Besonders betroffen sind Jugendliche und junge Erwachsene mit einem hyperreagiblem Bronchialsystem, die in der Regel bisher nur geringe Asthmasymptome z.B. bei Belastung und deshalb selten eine Dauertherapie haben, ferner meist kein antiasthmatisches Notfallspray mit sich führen. Verstärkend kommt hinzu, dass die Zunahme des Treibhausgases CO2 auch zu einer vermehrten Pollen- und Blütenproduktion führt, wie dies am Beispiel von Ambrosia gezeigt werden kann [11].

Fazit

Die Klimakrise ist in der Schweiz mit Hitze, Dürre und Starkwettereignissen angekommen (Abb. 1), zudem mehren sich in Mitteleuropa Flutkatastrophen wie z.B. 2021 im Ahrtal in Deutschland. Selbst wenn die Erwärmung gestoppt werden sollte, wird sie die nachwachsenden Generationen lebenslang begleiten und sich auf ihre Gesundheit auswirken. Mit Fokus auf die Lunge werden die Luftschadstoffe Feinstaub, Ozon und Stickoxide besprochen und ihre Pathophysiologie auch in Kombination mit Pollenflug dargestellt. Dabei wird auf die wachsende Bedeutung des Gewitterasthmas bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufmerksam gemacht.

Literatur:

  1. www.tagesschau.de/ausland/europa/waermster-sommer-europa-101.html; letzter Aufruf: 29.10.2022.        
  2. www.tagesschau.de/ausland/europa/waldbraende-emissionen-rekord-101.html; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  3. www.tagesschau.de/ausland/klimawandel/gletscher-schweiz-105.html; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  4. https://resourcecentre.savethechildren.net/pdf/born-into-the-climate-crisis.pdf; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  5. www.kinderumwelt.de/wp-content/uploads/2021/09/lob-luftschadstoffe-kindergesundheit-1.pdf; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  6. www.crick.ac.uk/news/2022-09-10_scientists-reveal-how-air-pollution-can-cause-lung-cancer-in-people-who-have-never-smoked; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  7. https://climateandhealthalliance.org/bushfires-report/; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  8. Lee SW, Yon DK, James CC, et al.: Short-term effects of multiple outdoor environmental factors on risk of asthma exacerbations: Age-stratified time-series analysis. J Allergy Clin Immunol 2019; 144(6): 1542–1550.
  9. Frischer T, Studnicka M, Gartner C, et al.: Lung function growth and ambient ozone: a three-year population study in school children. Am J Respir Crit Care Med 1999; 160(2): 390-396.
  10. https://files.igem.vic.gov.au/2021-03/ReviewofemergencyresponsetoNovember2016thunderstormasthmaeventfinalreport.pdf; letzter Aufruf: 29.10.2022.
  11. Lake IR, Jones NR, Agnew M, et al.: Climate Change and Future Pollen Allergy in Europe. Environmental Health Perspectives 2017; 125(3): 385–391.
  12. www.meteoschweiz.admin.ch/home/aktuell/meteoschweiz-blog.subpage.html/de/data/blogs/2021/5/die-schweizer-temperaturentwicklung-im-globalen-ve.html

InFo PNEUMOLOGIE & ALLERGOLOGIE 2022; 4(4): 34–35

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