Die Entstehung resistenter Bakterien ist ein weltweites Problem. Ein gezielter Einsatz von Antibiotika ist ein wichtiger Ansatz zur Verringerung von Antibio­tika­resistenzen. Aus dem «Swiss Antibiotic Resistance Report 2022» geht hervor, dass entsprechende Massnahmen in der Schweiz nach und nach Wirkung zeigen. Insgesamt zeichnet sich in den letzten Jahren eine Stabilisierung der Resistenzraten ab.

Um die Wirksamkeit von Antibiotika langfristig zu sichern und die Resistenzbildung einzudämmen, hat der Bundesrat 2015 die nationale Strategie Antibiotikaresistenzen (StAR) lanciert [1,2]. Die Bemühungen scheinen Früchte zu tragen. Die Überwachung des Antibiotikaverbrauchs und der Antibiotikaresistenzen bestätigt einen positiven Trend in der Schweiz. So zeigt der kürzlich veröffentlichte «Swiss Antibiotic Resistance Report» des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) und des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) einen Rückgang in wichtigen Bereichen [1,2].

Weniger Infektionen – Verringerung des Antibiotikaverbrauches

In der Humanmedizin sank der Gesamtverbrauch an Antibiotika von 2019 bis 2021 um 19% [1]. Eine bessere Hygiene wie beispielsweise vermehrtes Händewaschen, Desinfizieren und das Tragen eines Mundschutzes sowie die Reduktion von Kontakten während der Covid-19 Pandemie dürften hierbei eine wichtige Rolle gespielt haben, da diese generell zu einer Abnahme von Infektionszahlen geführt haben. Vor der Covid-19 Pandemie war der Verbrauch an Antibiotika bei Menschen in der Schweiz im Zeitraum 2010–2019 in etwa stabil, es konnte aber eine deutliche Reduktion beim Einsatz der kritischen «Watch»-Antibiotika erreicht werden.

Tracking der lokalen Resistenzlage

Die Problematik der Antibiotikaresistenz bakterieller Krankheitserreger betrifft sowohl stationäre als auch ambulante Versorgungsbereiche, wobei in der Humanmedizin rund 80% der Antibiotika im ambulanten Setting verschrieben werden [3,4]. Im europäischen Vergleich gehört die Schweiz weiterhin zu den Ländern mit dem niedrigsten Verbrauch, wobei es ausgeprägte regionale Unterschiede gibt: In den französisch- und italienischsprachigen Regionen ist der Antibiotikaverbrauch pro Einwohner im Schnitt deutlich höher als in der Deutschschweiz. Die meisten Antibiotika wurden 2021 bei Harnwegsinfekten (40%) eingesetzt, gefolgt von Erkrankungen der oberen Atemwege (23%). Die Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie (SSI, ssi.guidelines.ch) erarbeitet und publiziert regelmässig Richtlinien, die es Ärzten erlauben, den Antibiotikaeinsatz gemäss dem aktuellsten Wissensstand zu optimieren [5]. Die Nutzer haben die Möglichkeit, über eine Kommentarfunktion Vorschläge einzubringen oder Fragen zu stellen und die Richtlinien so weiter zu verbessern. Mit der Applikation INFECT des Schweizerischen Zentrums für Antibiotikaresistenzen ANRESIS werden die aktuellen Resistenzdaten übersichtlich und intuitiv angezeigt. Damit wird unter anderem ein auf die lokale Resistenzlage abgestimmter Einsatz von Antibiotika unterstützt. Darin enthalten sind auch die Verschreibungsrichtlinien der SSI. Die App INFECT ist abrufbar unter infect.info und steht für Android und iOS zur Verfügung. Unter anresis.ch sind zudem allgemeine Informationen und aktuelle Trends zu finden.

 

 

Zu häufiger Einsatz von Makroliden

Analysen der Verschreibungspraxis pädiatrischer Patienten zeigen, dass es in diesem Bereich noch Optimierungspotenzial bei der Antibiotikawahl gibt: Etwa 80% der Antibiotika­verschreibungen bei Kindern betreffen Infek­tio­nen der Atemwege. Nicht immer werden dafür die empfohlenen (einfachen) Penicilline oder Aminopenicilline eingesetzt. Makrolide, die ein problematisches Profil für die Selektion von Resistenzen haben, werden wahrscheinlich zu häufig für die Therapie von Atemwegsinfektionen eingesetzt (Abb. 1) [6]. Das Berner Institut für Hausarztmedizin (BIHAM) hat eine evidenzbasierte Ärzteinformation und eine Entscheidungshilfe erstellt, welche die Haus- und Kinderärzte bei der partizipativen Entscheidungsfindung mit Eltern bezüglich Antibiotikavergabe für das Kind unterstützen, indem Vor- und Nachteile einer Therapie mit und ohne Antibiotika für eine der häufigsten Infektionskrankheiten in der Pädiatrie aufgezeigt werden: biham.unibe.ch/entscheidhilfe.

Literatur:

  1. Die Massnahmen der Strategie Antibiotikaresistenzen zeigen Wirkung – Antibiotikaeinsatz sinkt», BAG, 10.11.2022.
  2. Swiss Antibiotic Resistance Report, www.star.admin.ch/star/de/home/sarr/sarr.html
  3. Weber R, Chmiel C: Infektiologie – Therapieempfehlungen, Aktualisiert am: 12/2021, www.medix.ch, (letzter Abruf 11.11.2022)
  4. BAG: Wie werden heute in der Schweiz Antibiotika verschrieben? www.bag.admin.ch/bag/de/home/krankheiten/infektionskrankheiten-bekaempfe…, (letzter Abruf 11.11.2022)
  5. Schweizerische Gesellschaft für Infektiologie, https://ssi.guidelines.ch, (letzter Abruf 11.11.2022)
  6. BAG, www.bag.admin.ch/antibiotikaresistenzen-hilfsmittel, Stand: Januar 2022

HAUSARZT PRAXIS 2022; 17(11): 21

Mirjam Peter, M.Sc.

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