Durch einen anhaltenden Östrogenmangel kommt es bei postmenopausalen Frauen zu atrophischen Veränderungen im Genitalbereich, die Haut wird dünner, trockener und verliert ihre Elastizität. Im Vordergrund einer Therapie der urogenitalen Beschwerden sollte die Beseitigung des Östrogendefizits stehen. Scheidentrockenheit kann zwar auch durch einfache Gleitgele oder Befeuchtungscremes kurzfristig verbessert werden. Eine Behandlung sollte aber nicht als kurzfristige Intervallkur, sondern als Langzeittherapie angesehen werden.

Das urogenitale Menopausensyndrom (GSM) wurde 2020 von der Nordamerikanischen Menopause Gesellschaft (NAMS) publiziert und beschreibt die verschiedenen Symptome der Menopause, darunter nicht nur Genitalsymptome, wie beispielsweise Trockenheit, Brennen und Reizung sowie sexuelle Symptome, wie Feuchtigkeit, Unwohlsein oder Schmerzen und Funktionsstörungen, sondern auch Harnwegs-Symptome, wie zum Beispiel Dringlichkeit, Dysurie und wiederkehrende Harnwegsinfektionen. Die bis vor kurzem allgemein verwendeten Begriffe vulvovaginale Atrophie und atrophische Vaginitis hatten eine Einschränkung, da sie nicht das gesamte Spektrum der Symptome abdeckten und keinen Zusammenhang zwischen den Symptomen und einem erniedrigten Östrogenspiegel in den Wechseljahren implizierten [2]. Da GSM die Lebensqualität postmenopausaler Frauen nachhaltig beeinträchtigen kann, sollten Frauen für diese Probleme sensibilisiert und mit einer geeigneten, wirksamen Therapie behandelt werden. 

Nicht-hormonelle und Hormontherapie

Die NAMS empfiehlt als First-line-Therapie nicht-hormonelle Präparate. Diese können in drei Kategorien unterschieden werden: Die Gleitmittel oder sogenannten Lubrikanzien können für den Geschlechtsverkehr genutzt werden, haben aber keine nachhaltige Wirkung. Davon abgegrenzt werden langwirksame Feuchtigkeitsmittel, auch Moisturizer genannt. Und Cremes, den sogenannten Emollienzien, die ebenfalls einen längerfristigen Effekt aufweisen. Bei Frauen, die darauf nicht ansprechen oder eine ausgeprägte Symptomatik aufweisen, stehen mehrere effektive Optionen, wie beispielsweise vaginale Östrogene oder vaginales Dehydroepiandrosteron (DHEA) zur Verfügung.

Unter den nicht-hormonellen Präparaten dominieren in der Schweiz langwirksame vaginale Feuchtigkeitsmittel und Cremes, die sowohl als Einmal- sowie als Mehrfach-Applikatoren genutzt werden können (Tab. 1) [1]. Die vaginalen Östrogene sind durch estriol oder estradiol haltige Präparate vertreten, zu denen Cremes, Vaginalzäpfchen, Vaginaltabletten oder der Vaginalring zählt. Klassischerweise werden diese vaginalen Östrogene in der Intialphase täglich appliziert und nach zwei bis drei Wochen in eine Erhaltungstherapie übergeleitet, in der die Präparate schliesslich nur noch zwei bis dreimal die Woche appliziert werden. Einzige Ausnahme bildet der Vaginalring, der von der Frau selbstständig alle drei Monate gewechselt werden kann. Darüber hinaus lassen sich sowohl die estriol als auch die estradiol Präparate verschieden dosieren, von hoch, moderat, niedrig oder tief (Tab. 2) [1]. Prof. Dr. med. Petra Stute, erwähnt in diesem Zusammenhang, dass neuere Präparate wie beispielsweise Vagifen, Vagirux oder Blissel den Fokus auf objektive und subjektive Zeichen bzw. Symptome der vaginalen Atrophie legen, wohingegen ältere Präparate wie zum Beispiel Oestro-Gynaedron oder die Ovestin Creme auch urologische Symptome abdecken [1]. 

Harninkontinenz, überaktive Blase und Harnwegsinfektionen

In der S3 Leitlinie zur Peri- und Postmenpause aus dem Jahr 2020, wird zum einen darauf hingewiesen, dass eine vaginale Östrogentherapie eine Harninkontinenz bei postmenopausalen Frauen verbessern kann. Zum anderen sollen Frauen, die eine systemische Hormontherapie beginnen darüber aufgeklärt werden, dass diese zum Auftreten oder zur Verschlechterung einer Harninkontinenz führen kann [3]. Zurückzuführen sind diese Aussagen auf ein Cochrane-Review, dessen Ergebnisse zeigen, dass sich ein Jahr nach Beginn einer systemischen Hormontherapie das Risiko einer Harninkontinenz verdoppeln kann, sowie dass bei Frauen mit bestehender Harninkontinenz die Wahrscheinlichkeit einer Verschlechterung nach systemischer Hormontherapie bei 30% liegt [4]. Darüber hinaus empfiehlt die S3 Leitlinie, dass postmenopausalen Frauen mit Harninkontinenz Beckenbodentraining und vaginale Östrogene angeboten werden sollten [3]. Bei Frauen mit überaktiver Blase (OAB) soll ebenfalls eine vaginale Östrogentherapie angeboten werden, da Miktionsfrequenz und Drangsymptomatik deutlich reduziert werden können. Und auch bei rezidivierenden Harnwegsinfektionen postmenopausaler Frauen, sollte vor Beginn einer antibiotischen Langzeitprävention eine vaginale Östrogentherapie durchgeführt werden [3].

Nachhaltigkeit und Risiken vaginaler Östrogene

Viele Frauen betrachten die Behandlung der GSM eher als eine kurzfristige Intervallkur als eine langfristige oder lebenslange Behandlung. Eine systematische Literaturrecherche konnte nun allerdings die Nachhaltigkeit vaginaler Östrogene für die GSM-Behandlung nach Beendigung der Behandlung bewerten. Die Ergebnisse zeigen, dass sich objektive GSM-Symptome meist innerhalb von etwa vier Wochen nach Beendigung der vaginalen Östrogenbehandlung verschlechtern, während subjektive GSM-Symptome bis zu 3-6 Monate nachhaltig von vaginalen Östrogenen beeinflusst werden. Insgesamt war jedoch die wissenschaftliche Evidenz zur Nachhaltigkeit von vaginalen Östrogenen gering. Die GSM-Behandlung sollte nicht als kurzfristige Intervallkur, sondern als Langzeittherapie angesehen werden [5].

Eine zusätzliche Gabe von Gestagen zur endometrialen Sicherheit bei vaginalen Östrogentherapien wird nicht empfohlen. Die Notwendigkeit bezieht sich aber auch auf die zugelassenen Präparate und auf die Applikationsfrequenz der Zulassung. Bei asymptomatischen Frauen, die niedrig dosierte vaginale Östrogene anwenden, wird eine routinemässige Überwachung des Endometriums allerdings nicht empfohlen. Bei erhöhtem Risiko für Endometriumkarzinom kann ein tarnvaginaler Ultraschall oder intermittierende Gestagen-Therapie in Betracht gezogen werden. Treten bei postmenopausalen Frauen hingegen Schmierblutungen oder Blutungen auf, erfordert dies eine gründliche Untersuchung, die einen tarnvaginalen Ultraschall und/oder Endometriumbiopsie umfassen kann. Obwohl für niedrigdosierte vaginale Östrogene Risiken im Zusammenhang mit der systemischen menopausalen Hormontherapie (einschliesslich Herzinfarkt, Schlaganfall, VTE, Brust- und Gebärmutterschleimhautkrebs) erwähnt werden, sind diese Laut NAMS und angesichts der minimalen systemischen Resorption sowie der Ergebnisse aus klinischen Studien und Beobachtungsstudien sehr unwahrscheinlich. Die S3 Leitlinien zur Peri- und Postmenpause gehen etwas detailierter auf das Brustkrebsrisiko ein. Aber auch hier heißt es, dass ein ultraniedrigdosiertes vaginales Estriolpräparat wahrscheinlich keinen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko hat. 

DHEA- und Testosteron-Therapie

Seit 2020 steht in der Schweiz mit Intrarosa auch ein vaginales DHEA Präparat zur Verfügung, welches 6,5mg pro Applikation abgibt. Die Therapiekosten werden jedoch nicht von der Grundversicherung bezahlt und betragen 40 CHF pro Monat. Eine retrospektive Datenbankanalyse hat die urologischen Symptome bezüglich der Einnahme von intravaginalem DHEA untersucht, mit dem Ziel die Prävalenz von Harnsymptomen bei Frauen mit neu diagnostiziertem GSM und Frauen ohne GSM zu vergleichen sowie die Prävalenz von Harnwegsinfekten bei Frauen, die mit vaginaler DHEA behandelt wurden und unbehandelten Frauen zu vergleichen. Die Ergebnisse zeigen, dass die Prävalenz von Harnwegsinfekten bei Frauen mit GSM-Diagnose im Vergleich zu Frauen ohne Diagnose dreimal höher war und, dass im Vergleich zu Frauen mit unbehandeltem GSM hatten Frauen, die mit vaginalem DHEA behandelt wurden, eine signifikant 38% geringere Prävalenz von Harnwegsinfekten innerhalb von 12 Monaten nach der ersten Verschreibung [6]. In Europa wird bei intravaginalem DHEA als Kontraindikation Mammakarzinome gelistet. Erste Retrospektive Studien zur Rezidivwahrscheinlichkeit zeigen allerdings, dass das Rezidivrisiko nicht erhöht ist. 

Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit eines hormonellen vaginalen Therapieansatzes mit Testosteron. In einer Placebo-kontrollierten randomisierten Studie wurde ein vaginales Östrogen mit vaginalem Testosteron verglichen. Dabei wurde das Testosteron dreimal wöchentlich appliziert, in einer Dosierung von 300mcg pro Applikation. Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl das Östrogen als auch das Testosteron die sexuelle Funktion signifikant verbesserten. Die klassischen Symptome der vaginalen Atrophie verbesserten sich sowohl mit vaginalem Östrogen als auch mit Testosteron. Und auch die sonografische Endometriumsdicke veränderte sich in keinem der aktiven Behandlungsarmen [7,8]. Eine Veränderung der Serum Hormonspiegel unter der dreimal wöchentlich applizierten Testosterongabe konnte ebenfalls nicht festgestellt werden. In keinem der aktiven Behandlungsarme zeigte sich eine Veränderung der hormonalen oder metabolischen Laborparameter [9]. Demnach scheint die Behandlung mit vaginalem Testosteron, in der Dosierung dreimal wöchentlich 300mcg, eine vielversprechende neue Behandlungsoption der postmenopausalen vaginalen Atrophie. 

Quelle: 

1. Prof. Dr. med. Petra Stute: Kleine Moleküle, grosse Wirkung – Hormone und Beckenbodenfunktion. Vortrag Jahreskongress gynécologie suisse 2021, 24.06.2021.

2. The North American Menopause Society: NAMS POSITION STATEMENT: The 2020 genitourinary syndrome of menopause position statement of The North American Menopause Society. Journal of The North American Menopause Society 2020; doi: 10.1097/GME.0000000000001609. 

3. Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe: Peri- and Postmenopause – Diagnosis and Interventions. Guideline of the DGGG, SGGG and OEGGG (S3 Level, AWMF Registry No. 015-062) 2020. http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html.

4. Cody, J. et al.: Oestrogen therapy for urinary incontinence in post-menopausal women. Cochrane Database Syst Rev 2012; doi: 10.1002/14651858.CD001405.pub3.

5. Weidlinger, S. et al.: Sustainability of vaginal estrogens for genitourinary syndrome of menopause – a systematic review. Climacteric 2021; doi: 10.1080/13697137.2021.1891218.

6. Rubin, R. et al.: Effective Prevention of Recurrent UTIs With Vaginal Estrogen: Pearls for a Urological Approach to Genitourinary Syndrome of Menopause. Urology 2021; doi: 10.1016/j.urology.2020.05.058.

7. Fernandes, T. et al.: Efficacy of vaginally applied estrogen, testosterone, or polyacrylic acid on sexual function in postmenopausal women: a randomized controlled trial. J Sex Med 2014; doi: 10.1111/jsm.12473. 

8. Fernandes, T. et al.: Efficacy of vaginally applied estrogen, testosterone, or polyacrylic acid on vaginal atrophy: a randomized controlled trial. Menopause 2016; doi: 10.1097/GME.0000000000000613

9. Fernandes, T. et al.: Hormonal, metabolic, and endometrial safety of testosterone vaginal cream versus estrogens for the treatment of vulvovaginal atrophy in postmenopausal women: a randomized, placebo-controlled study. Menopause 2018; doi: 10.1097/GME.0000000000001059.

Isabell Bemfert

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