Welche Supplemente (Sportnahrungsmittel, Medizinische Supplemente, Leistungssupplemente) sind in welcher Situation legal und geeignet? Was ist über Wirkungen und Nebenwirkungen bekannt? Wie kann man sich möglichst objektive evidenzbasierte Informationen dazu beschaffen? Dieser Artikel liefert Antworten auf diese und weitere Fragen.

Der Einsatz von Supplementen im Sport ist heute weit verbreitet [1]. Die Prävalenzdaten im Sport liegen dabei häufig höher als in der Allgemeinbevölkerung. Vermutlich weil im Sport zusätzliche Beweggründe für die Einnahme von Supplementen hinzukommen, wie z.B. die mit der Supplementeinnahme assoziierte Erwartung der Steigerung der Leistungsfähigkeit.

Supplemente umfassen ein weites Produktspektrum. Sie können entweder dem Lebensmittelgesetz («Nahrungsergänzungsmittel») oder dem Heilmittelgesetz unterstellt sein. Im Sport werden Supplemente häufig in verschiedene Kategorien unterteilt: Die wesentliche Funktion von sogenannten Sportnahrungsmitteln («sport food») besteht darin, Makronährstoffe – hauptsächlich Kohlenhydrate oder Protein – zu liefern. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Substanzen, welche die Leistung direkt am Wettkampf oder indirekt über verbesserte Trainingseffekte zu verbessern versprechen. Diese Produkte werden als Leistungssupplemente («performance supplements») bezeichnet. Hinzu kommen Produkte, welche nicht direkt auf die körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit abzielen, sondern die Gesundheit unterstützen können. Dies umfasst z.B. Vitamin- und Mineralstoffpräparate oder Probiotika beziehungsweise grundsätzlich alle aus medizinischen Gründen eingesetzten Supplemente. Natürlich ist es auch im Sport zentral, Mangelzustände, z.B. von Eisen, zu vermeiden und im Bedarfsfall zu beheben.

Bestandteil der Sporternährung

Die Sporternährung basiert im Wesentlichen auf einer normalen ausgewogenen Ernährung, welche auf sportliche Bedürfnisse angepasst wird. Zum Beispiel benötigen Sportler mehr Energie oder die Ernährung muss nach der Belastung so angepasst werden, dass schnellstmöglich die maximale Leistungsfähigkeit wiedererlangt werden kann. Supplemente können in derartigen Situationen mithelfen, den individuellen, sportartspezifischen Bedürfnissen besser gerecht zu werden.

Problematisch ist in der Praxis, dass Sportler oft den Fokus auf Supplemente legen, aber elementare Grundlagen der Sporternährung vernachlässigen. Eine klassische Frage ist: «Ich habe ein Problem, welches Supplement kann hier helfen?». Doch werden zugrundeliegende und die Leistungs- und Erholungsfähigkeit limitierende Faktoren nicht behoben, kann das Potenzial von Supplementen nicht optimal ausgespielt werden. Wenn beispielsweise die täglichen Mahlzeiten nicht auf die Sportart sowie die individuellen Bedürfnisse abgestimmt sind, kann auch ein Recoveryprodukt das Problem nicht lösen.

Desinformation im Internet

Im Vor-Internet-Zeitalter haben Philen et al. [2] in zwölf zufällig gekauften Fitnesszeitschriften 311 Produkte mit insgesamt 235 Inhaltsstoffen identifiziert. Heute werden Sportlern Tausende Produkte mit häufig realitätsfernen Versprechungen angepriesen. Insbesondere im Internet ist der Markt weitgehend unkontrolliert. Neben den versprochenen Wirkungen weisen die Anbieter selten auf Nebenwirkungen hin, geschweige denn darauf, dass das Supplement sogar die Gesundheit gefährden könnte. Die über das Internet erhältlichen Informationen über Sporternährung und Supplemente stammen mehrheitlich von den Anbietern selbst, dienen der Verkaufsförderung und sind deshalb selten fundiert. Für den Laien sind derartige Falschinformationen kaum beurteilbar und die zunehmende Nutzung von Social Media fördert heute zusätzlich die Verbreitung von ungefilterter Laien- und Desinformation.

Evidenzbasierte, neutrale Informationen über Supplemente sind jedoch als wissenschaftliche Publikationen verfügbar, so in Form der aktuellen IOC-Konsenserklärung [2] oder von Supplementguides, welche als Online-Informationsquellen für Sportler und Fachpersonen dienen [3].

In der Praxis zeigt sich leider, dass gerade unter jungen Athleten Nicht-Fachpersonen wie Familien­angehörige und Trainer die wichtigsten empfehlenden Instanzen zur Verwendung von Supplementen darstellen [4]. Vergleichbare Resultate fanden wir kürzlich auch in einer Umfrage unter Schweizer Nachwuchsspitzensportlern.

Nutzen versus Risiko

Für einige Supplemente liegt eine breite Evidenzgrundlage vor, so dass bei korrektem Einsatz dieser Produkte ein leistungsunterstützendes Potenzial möglich ist. Beispiele sind Koffein oder Kreatin (Tab. 1). Sportnahrungsmittel vereinfachen ein optimiertes Timing und eine genaue Dosierung der gewünschten Nährstoffzufuhr, auch wenn sie oft nicht besser sind als die Zufuhr identischer Nährstoffe über Lebensmittel. In Extremsituationen können spezifisch abgestimmte Nährstoffe notwendig sein. Wenn etwa im Ausdauer­bereich bis zu 90 g Kohlenhydrate pro Stunde aufgenommen werden, um die Leistung zu maximieren, dann ist das nur mit einem spezifischen Zuckerverhältnis von Glukose zu Fruktose möglich [5], wobei diesbezüglich viele der im Handel erhältlichen Sportgetränke optimiert wurden.

Auf der Risikoseite ist primär die Produktsicherheit zu beachten. Dies ist vor allem im internationalen Markt und im Internethandel ein signifikantes Problem. In einer international angelegten Studie wurde festgestellt, dass 15% aller eingekauften Supplemente mit nicht deklarierten anabolen Steroiden verunreinigt waren [6], wobei auch schon simple Vitamin C-, Multivitamin- oder Magnesiumtabletten mit Stanozolol oder Methandienon kontaminiert waren [7]. Beide Substanzen stehen auf der Dopingliste. Dabei handelt es sich einerseits um Mikroverunreinigungen. Andererseits werden diese Substanzen vermutlich bewusst zugesetzt, um unwirksamen Produkten zu einer subjektiv wahrnehmbaren «Wirkung» zu verhelfen. Ebenfalls ein Dauerbrenner ist das als Stimulanz verbotene Sibutramin, welches oft in Schlankheitsprodukten oder Produkten zur Gewichtsreduktion Verwendung findet.

Aus Gründen der Dopingsicherheit und der Ge­sund­heit ist entsprechend darauf zu achten, dass primär nur sinnvolle Produkte eingesetzt und möglichst sicher eingekauft werden. Die etablierten Schweizer Marken, welche auch im Detail- und Sportfachhandel erhältlich sind, scheinen bisher sicher zu sein. Auch die renommierten Schweizer Marken im Mikronährstoffbereich können als sicher betrachtet werden. Praktisch tabu sind hingegen Einkäufe in Internetshops. Aufgrund der Qualitäts- und Sicherheitsproblematik für Sportler existieren inzwischen verschiedene Qualitätslabels wie die Kölner Liste® [8], Informed-Choice [9] oder NSF [10]. Unbekannte oder ausländische Marken und Produkte sollten nur dann verwendet werden, wenn diese auf einer dieser Listen aufgeführt sind. Produkte aus dem Heilmittelbereich sind aufgrund der höheren Produktionsstandards als sicherer einzustufen.

Placebo- und Noceboeffekte

Wird ein Effekt einer Behandlung angenommen, so können positive (Placebo) wie auch negative (Nocebo) Wirkungen daraus resultieren. So schmeckt Wein besser, wenn dieselbe Flasche teurer angeschrieben ist [11] und die Leistung von Sportlern kann akut verbessert werden, wenn an eine Wirkung geglaubt wird [12,13]. Dabei können nicht nur Leistungen verbessert, sondern auch Trainingsadaptionen positiv unterstützt werden [14].

Ist ein Athlet entsprechend überzeugt, dass ein Produkt wirkt, kann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wirkung eintreten, unabhängig davon, ob wissenschaftlich gesehen eine ergogene Wirkung überhaupt möglich ist. Dies kann eine fundierte Beratung natürlich erheblich erschweren. Ein Produkt einfach abzusetzen, könnte einen leistungsrelevanten Placeboeffekt entfernen. Trotzdem sollte dies nicht als Freipass angesehen werden, irgendwelche Produkte zu verwenden. Den Fokus auf die in Tabelle 1 erwähnten Supplemente zu legen, bietet den Vorteil, dass dabei zusätzlich ein evidenzbasierter Effekt eintreten kann. Ausserdem können bei einem derartigen Vorgehen die Risiken minimiert und auch die finanziellen Ressourcen gezielt eingesetzt werden.

Beispiel Kreatin

Kreatin kann einerseits über die anaerobe Energiebereitstellung Sprintleistungen, vor allem kurze repetitive Intervallsprintleistungen, verbessern. Andererseits kann der Aufbau von Muskelmasse und Kraft in einem Trainingsprogramm unterstützt werden [1]. Kreatin könnte zudem nicht nur für junge Sportler interessant sein, sondern auch im Alter positive Effekte auf den Erhalt der Muskelmasse ausüben [15]. Wenn Kreatin adäquat eingesetzt wird, sind kaum Nebeneffekte zu erwarten. Allerdings gilt es mit Blick auf die Praxis einige Punkte zu beachten. Während viele Athleten Kreatin gut vertragen, gibt es andere, die darauf mit erhöhtem Muskeltonus und einer erhöhten Anfälligkeit für Muskelverletzungen oder assoziierten Sehnenproblematiken reagieren. Zudem existieren Unterschiede in der Wirkung. Während einzelne Athleten kaum etwas spüren, berichten andere von positiven Effekten betreffend Sprintleistung, Regeneration oder Muskelaufbau. Bei Muskelmassenzunahme muss individuell beurteilt werden, ob dies erwünscht ist. Für einen Bodybuilder ist Muskelmasse das einzige Ziel und ein Zuwachs daher positiv. Für einen Werfer ist Muskelmassenzuwachs meistens positiv, da absolute Kraft hilft. Für einen Sprinter, Läufer oder Springer kann eine erhöhte Muskelmasse jedoch auch Nachteile haben, weil die Muskelmasse nicht immer gewinnbringend in Leistung umgesetzt werden kann (relative Kraft) oder die Laufökonomie darunter leiden kann (z.B. elastische Energierückgewinnung beim Laufen). Auch wird häufig unterschätzt, dass mehr Gewicht langfristig mehr Last auf dem passiven Bewegungsapparat und den Sehnen bedeutet.

Kreatin ist ein gutes Beispiel für ein Supplement, dessen Wirkung klar nachgewiesen ist. Um es gewinnbringend einzusetzen, ist jedoch der Einzelfall sportspezifisch genau zu beurteilen und bei einem allfälligen Einsatz gezielt zu überwachen.

Beispiel Koffein

Im Gegensatz zu Kreatin, das über eine längere Zeit eingenommen werden muss, um den Kreatingehalt in der Muskulatur zu erhöhen, wird Koffein punktuell für Wettkämpfe eingesetzt. Koffein ist dabei vermutlich das «universellste» Supplement überhaupt. Positive Leistungseffekte sind in Ausdauer-, Sprint-, Kraft-, Reaktions- sowie Konzentrationssportarten möglich [1,16]. Entsprechend ist Koffein für den Marathonläufer genauso wie für den Fussballspieler, Fechter, Sprinter oder Springer ein interessantes und potenziell wirksames Wettkampfsupplement. Die Verträglichkeit ist weitgehend gut. Während Koffein im Alltag in Form von Kaffee konsumiert wird, kann es im Sport einfacher und genauer dosierbar als Supplement eingenommen werden.

Literatur:

  1. Maughan RJ, et al.: IOC consensus statement: dietary supplements and the high-performance athlete. Br J Sports Med 2018; 52: 439–455.
  2. Philen RM, et al.: Survey of advertising for nutritional supplements in health and bodybuilding magazines. JAMA 1992; 268(8): 1008–1011.
  3. Maughan RJ: Supplementguide. www.ssns.ch/sportsnutrition/supplemente/supplementguide, letzter Abruf 6.12.18.
  4. Braun H, et al.: Dietary supplement use among elite young German athletes. Int J Sport Nutr Exerc Metab 2009; 19(1): 97–109.
  5. Thomas DT, Erdman KA, Burke LM: Position of the academy of nutrition and dietetics, dietitians of Canada, and the American College of Sports Medicine: nutrition and athletic performance. J Acad Nutr Diet 2016; 116(3): 501–528.
  6. Geyer H, et al: Analysis of non-hormonal nutritional supplements for anabolic-androgenic steroids – results of an international study. Int J Sports Med 2004; 25(2): 124–129.
  7. Geyer H, et al.: Nutritional supplements cross-contaminated and faked with doping substances. J Mass Spectrom 2008; 43(7): 892–902.
  8. Kölner Liste®www.koelnerliste.com, letzter Abruf 6.12.18.
  9. Informed-Choice. www.informed-choice.org, letzter Abruf 6.12.18.
  10. NSF International. www.nsfsport.com, letzter Abruf 6.12.18.
  11. Plassmann H, et al.: Marketing actions can modulate neural representations of experienced pleasantness. PNAS 2008; 105(3): 1050–1054.
  12. Benedetti F, et al.: Conscious expectation and unconscious conditioning in analgesic, motor, and hormonal placebo/nocebo responses. J Neurosci 2003; 23(10): 4315–4323.
  13. Pollo A, Carlino E, Benedetti F: Placebo mechanisms across different conditions: from the clinical setting to physical performance. Philos Trans R Soc Lond B Biol Sci 2011; 366(1572): 1790–1798.
  14. Ariel G, Saville W: Anabolic steroids: the physiological effects of placebos. Med Sci Sports 1972; 4(2): 124–126.
  15. Candow DG, Chilibeck PD, Forbes SC: Creatine supplementation and aging musculoskeletal health. Endocrine 2014; 45(3): 354–361.
  16. Goldstein ER, et al.: International society of sports nutrition position stand: caffeine and performance. J Int Soc Sports Nutr 2010; 7(1): 5.

HAUSARZT PRAXIS 2019; 14(2): 19–22

Dr. Samuel Mettler, Christof Mannhart

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