Die Herzinsuffizienz ist ein komplexes klinischen Syndrom, das jährlich eine der Hauptursachen für Morbidität und Mortalität in westlichen Industrieländern darstellt. Vor allem in der Prävention, aber auch in der Behandlung der Früh­stadien, konnten Nutrazeutika bereits gute klinische Ergebnisse erzielen. Extrakte aus Weissdorn werden traditionell in der Herz-Kreislauf-Medizin verwendet. Jetzt wurde eine kardiopoetische Differenzierung von Stammzellen detektiert.

Weltweit leiden mehr als 23 Millionen Menschen an einer Herzinsuffizienz (HF). Sie ist einer der Hauptfaktoren für Krankenhausaufenthalte und Behinderungen älterer Menschen und beeinträchtig die Lebensqualität erheblich. Da die Sterblichkeitsraten jährlich bei mehr als 10% liegen und in fortgeschrittenen Stadien sogar auf bis zu 50% ansteigen können, ist der Bedarf an effektiven Therapien hoch.

Natürliche Wirkstoffe werden bereits lange mit guten Ergebnissen in der Herz-Kreislauf-Medizin eingesetzt. Ein Positionspapier des International Lipid Expert Panel (ILEP) hat nun die Evidenz hinsichtlich der Wirksamkeit und Sicherheit aufgeschlüsselt. Dazu gehören u.a. Coenzym Q10, Magnesium, Probiotika, Vitamine und auch Weissdorn (Tab. 1) [1]. Den Experten zufolge kann eine Supplementation mit Coenzym Q10 insbesondere in frühen Stadien von Nutzen sein und eine Verringerung der wichtigsten unerwünschten kardialen Ereignisse und der Gesamtmortalität fördern. Die Rolle eines Magnesium-Mangels bei Herzinsuffizienz ist bislang noch nicht hinreichend belegt. Daher muss die prognostische Bedeutung der Serum-Konzentration sowie die klinische Relevanz einer Supplementation noch weiter untersucht werden. Die verfügbaren Daten legen aber nahe, dass eine Hypomagnesiämie vermieden werden sollte. In Hinblick auf Probiotika kommen die Experten zu dem Schluss, dass einige Stämme (insbesondere Laktobazillen und Bifidobakterien) als Adjuvans zur konventionellen Therapie eingesetzt werden können. Allerdings fehlen noch Langzeitdaten, um die Auswirkungen auf kardiovaskuläre Ereignisse abschliessend bewerten zu können. Bei den Vitaminen scheint vor allem Vitamin D positiv auf die Herzgesundheit zu wirken. Daher sollte bei Vitamin-D-defizienten Pa­tien­ten der Mangel ausgeglichen werden. Eine routinemässige Verabreichung wird aufgrund fehlender klinischer Studien aktuell nicht empfohlen.

Crataegus-Extrakte unterstützen HF-Patienten

Die Experten des Positionspapiers kommen zu dem Schluss, dass laut klinischer Evidenz Crataegus (Weissdorn)-Extrakte sowohl bei HFrEF als auch bei HF mit konservierter EF (HFpEF) nachweislich Vorteile hinsichtlich Funktions­fähigkeit, Symptomkontrolle und gesundheitsbezogener Lebensqualität aufweisen. Unterstützt wird diese Analyse durch Ergebnisse einer In-vitro und In-vivo-Studie an Menschen und Tieren [2]. Ziel war es, die wichtigsten Mechanismen zu beleuchten, die für ein Regenerationspotenzial des Weissdorn-Extrakts WS® 1442 bei Patienten mit Herzinsuffizienz nach Myokardinfarkt relevant sind. Es zeigte sich, dass der WS® 1442 die Kardiomyogenese aus embryonalen Stammzellen stimuliert. Induziert wird dieser Effekt durch Förderung der Differenzierung kardiovaskulärer Vorläuferzellpopulationen. Die Proliferation hingegen wird nicht gefördert. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die zugrunde liegenden Mechanismen für ein Pro-Differenzierungsprofil von WS® 1442 auf kardiovaskuläre Vorläuferzellen eher unspezifische stressassoziierte Effekte sowie die Störung unterschiedlicher Signalwege beinhalten. Es wird wichtig sein zu untersuchen, inwieweit WS® 1442 und seine bioaktiven Fraktionen unter physiologischen Bedingungen sowie nach ischämischen Verletzungen in vivo zum kardiogenen und/oder angiogenen Potenzial beitragen, was eine beispiellose Pharmakologie dieser traditionellen Heilpflanze impliziert.

Literatur:

  1. Cicero AFG, Colletti A, von Haehling S, et al.: Nutraceutical support in heart failure: a position paper of the International Lipid Expert Panel (ILEP). Nutrition Research Reviews 2020. doi: 10.1017/S0954422420000049.
  2. Halver J, Wenzel K, Sendker J, et al.: Crataegus Extract WS®1442 Stimulates Cardiomyogenesis and Angiogenesis From Stem Cells: A Possible New Pharmacology for Hawthorn?

HAUSARZT PRAXIS
CARDIOVASC

Leoni Burggraf

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