Angst- und Schlafstörungen sind weit verbreitet und gehen mit einer eingeschränkten Lebensqualität einher. Sedativa wie Benzodiazepine wirken zwar anxiolytisch, beeinträchtigen aber die Fahrtüchtigkeit. Dies ist für manche Betroffene mit erheblichen negativen Konsequenzen verbunden. Im Gegensatz dazu beeinflusst ein lavendelölhaltiges Phyto-Präparat mit erwiesener angst­lösender und stimmungsaufhellender Wirkung die Fahrleistung nicht negativ, wie eine neue Studie zeigt.

Sedierung, Tagesmüdigkeit, Schläfrigkeit sowie Verringerung von Aufmerksamkeitsleistung und Reaktionsvermögen zählen zu häufigen unerwünschten Nebenwirkungen von konventionellen synthetischen Anxiolytika [1]. Die DRUID-Expertengruppe («Driving under the influence of drugs, alcohol and medicines») warnt insbesondere vor den negativen Auswirkungen von Benzodiazepinen auf die Fahrtüchtigkeit [2]. Es ist empirisch erwiesen, dass auch bei einem Einsatz von Sedativa als Schlafmittel am darauffolgenden Tag Residual-effekte mit ungünstigen Auswirkungen auf die Fahrleistung auftreten [3]. Zu diesen verzögerten Effekten zählen eine verringerte Reaktionsgeschwindigkeit, reduzierte Alertness, sowie eine Beeinträchtigung der kognitiven Leistung und des Beurteilungsvermögens insgesamt [4,5]. Phytopharmakologische Präparate mit dem Wirkstoff Silexan® sind eine gut verträgliche und nebenwirkungsarme Behandlungsalternative bei Angst- und Schlafstörungen. In einer aktuellen Untersuchung lag der Fokus auf den Effekten dieser Wirksubstanz auf die Fahrtüchtigkeit. Das Fazit fällt äusserst positiv aus.

Fahrleistung unter Silexan® ähnlich wie in der Placebobedingung

Insgesamt gab es nach Einnahme von Silexan® keinerlei Hinweise auf Nebenwirkungen mit einem Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit wie dies für Benzodiazepine und andere synthetische Anxiolytika in der Fachliteratur beschrieben wird [9]. Die Ergebnisse der randomisierten, doppelverblindeten Crossover-Studie zeigen, dass Einzeldosen von bis zu 320 mg ­Silexan® und mehrere Dosen von 80 mg keine nachteiligen Auswirkungen auf die Fahrleistung haben. Insgesamt wurden die Daten von 73 gesunden Probanden im Altersbereich von 25–58 Jahren ausgewertet. Der primäre Endpunkt war die Standardabweichung der Spurposition (SDLP). Sekundäre Endpunkte waren Fahrfehler und Schläfrigkeit. Die Ergebnisse von Teil 1 der Studie (n=48) bestätigen, dass die Wirkung von Silexan® in einer Dosierung von 80 mg/d auf die «Lane-Keeping-Performance» (Spurhalteleistung) vergleichbar ist zu Placebo, sowohl nach einmaliger Einnahme als auch nach mehrfacher Einnahme über den Zeitraum einer Woche. Auch hinsichtlich der Anzahl Fahrfehler wurden lediglich geringfügige Mittelwertunterschiede zwischen Silexan® und Placebo beobachtet. Kenntner-Mabiala et al. 2015 berichten von einem durchschnittlichen Anstieg der Gesamtzahl der Fahrfehler um 21,4 bei einer Blutalkoholkonzentration von 0,5 mg/l (gesetzlicher Grenzwert für das Fahren in Westeuropa) im Vergleich zu 0,0 mg/l [6]. Dies ist eine bedeutend höhere Fehlerquote als die in der vorliegenden Studie boebachtete Differenz von 3,2 Fehlern zwischen Placebo und Silexan® 80 mg.

Bessere Spurhalteleistung und weniger Fahrfehler im Vergleich zu Lorazepam

In Teil 2 (n=25) wurde Silexan® in einer Dosierung von 160 mg (diese therapeutische Dosis wurde bei Patienten mit generalisierter Angststörung untersucht) [7] und in einer supratherapeutischen Dosis von 320 mg verabreicht. Die Wahl von Lorazepam als Vergleichssubstanz beruht darauf, dass Silexan® bei Patienten mit Generalisierter Angststörung in einer früheren Studie ähnliche anxiolytische Effekte bewies und es sich bei Lorazepam um eines der häufig eingesetzten Benzodiazepine handelt [8]. Die Fahrleistung wurde in einem validierten, alkoholkalibrierten Simulatortest bewertet. Für beide Dosen konnte die Überlegenheit von Silexan® gegenüber Lorazepam 1 mg für die Spurhalteleistung nachgewiesen werden, mit einer durchschnittlichen SDLP-Mittelwertdifferenz von mindestens 5,4 cm (obere Grenze des 95% KI). Die Überlegenheit von Silexan® gegenüber Lorazepam betraf auch die Fahrfehler sowie die Selbst- und Fremdbeurteilung der Fahrleistung insgesamt.

Das einzige unerwünschte Ereignis, das in der Silexan®-Bedingung signifikant häufiger auftrat als unter Placebo, war ein abdominelles Spannungsgefühl (Eruktation), eine bekannte Nebenwirkung des pflanzlichen Arzneimittels. Die Resultate der vorliegenden Studie sind eine wertvolle Ergänzung früherer empirischer Belege zu den symptomreduzierenden Effekten von Silexan® bei Patienten mit Angst- und Schlafstörungen sowie verwandten Symptomatiken.

Literatur:

  1. Hahn M, Roll SC: Benzodiazepine: Vom Wundermittel zur Risikomedikation. Pharmazeutische Zeitung (Online), 07.11.2019. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/, (letzter Abruf 24.02.2021).
  2. EMCDDA: DRUID project, www.emcdda.europa.eu, (letzter Abruf 24.02.2021).
  3. Möller H-J, et al.: Journal of Psychiatric Research 2020, https://doi.org/10.1016/j.jpsychires.2020.10.028
  4. Hansen RN, et al.: Sedative hypnotic medication use and the risk of motor vehicle crash. Am J Pub. Health 2015, 105 (8): e64-69.
  5. Leufkens TR, et al. : Residual effects of zopiclone 7.5 mg on highway driving performance in insomnia patients and healthy controls: a placebo controlled crossover study. Psychopharmacology (Berl) 2014, 231 (14): 2785-2798.
  6. Kenntner-Mabiala R, et al.: Driving performance under alcohol in simulated representative driving tasks: an alcohol calibration study for impairments related to medicinal drugs. J Clin Psychopharmacol 2015; 35 (2): 134–142.
  7. Kasper S, et al.: Lavender oil preparation Silexan is effective in generalized anxiety disorder – a randomized, double-blind comparison to placebo and paroxetine. Int J Neuropsychopharmacol 2014; 17 (6): 859–869
  8. Woelk H, Schläfke S: A multi-center, double-blind, randomised study of the lavender oil preparation Silexan in comparison to Lorazepam for generalized anxiety disorder. Phytomedicine 2010; 17: 94–99.
  9. Dassanayake T, et al. : Effects of benzodiazepines, antidepressants and opioids on driving: a systematic review and meta-analysis of epidemiological and experimental evidence. Drug Saf 2011; 34 (2): 125–156.
  10. Wang CS, Liu DY, Hsu KS: Simulation and application of cooperative driving sense systems using prescan software. Microsyst Technol 2018, https://doi.org/10.1007/s00542-018-4164-z

HAUSARZT PRAXIS 2021; 16(3): 19
InFo NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2021; 19(2): 36

Mirjam Peter, M.Sc.

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